66 Tote durch eine Luft­mi­ne

Einschlagstelle
Staatsarchiv 2267 Foto: Walter Cüppers
Tafel der Friedensbewergung
20161207_095128
13. Juni 1943
Neu­stadt­s­con­tres­car­pe 4, Bre­men

Am 13. Juni 1943, Pfingst­sonn­tag, schlug in ei­nem Neu­städ­ter Bun­ker wäh­rend ei­nes US-Luft­waf­fen­an­griffs eine Luft­mi­ne ein. Im Bun­ker hat­ten An­woh­ner der an­lie­gen­den Her­mann­stra­ße und Wul­fho­op­stra­ße Schutz ge­sucht.  66 Neu­städ­ter/​in­nen fan­den den Tod im Tief­bun­ker, wei­te­re 33 wur­den ver­letzt, 15 blie­ben ver­misst. Un­ter den To­ten u.a. die Chor­sän­ge­rin Ber­ta Pau­ser so­wie ihre Mut­ter. Das Bild des Fo­to­gra­fen Wal­ter Cüp­pers, freund­li­cher­wei­se vom Staats­ar­chiv Bre­men zur Ver­fü­gung ge­stellt (4,77/​1-Fo­tos-2267), zeigt Ge­ne­ral Wolff, der un­mit­tel­bar nach die­sem 112. Luft­an­griff auf Bre­men die Ein­schlag­stel­le der Luft­mi­ne in­spi­ziert. Der An­griff rich­te­te auch in den an­lie­gen­den Stra­ßen gro­ße Schä­den an.

Der Luft­an­griff der al­li­ier­ten Streit­kräf­te galt ei­ner­seits den Rüs­tungs­be­trie­ben, von de­nen sich ei­ni­ge, wie Fo­cke-Wul­ff oder die Francke Wer­ke, in der Neu­stadt be­fan­den, an­de­rer­seits auch um die Mo­ral der deut­schen Zi­vil­be­völ­ke­rung zu bre­chen. Schließ­lich hat­ten be­reits vor­her deut­sche Luft­an­grif­fe 1937 den spa­ni­schen Ort Guernica, so­wie 1940 Rot­ter­dam in den Nie­der­lan­den und Co­ven­try in Groß­bri­tan­ni­en zer­stört.

Die An­woh­ne­rin Frau Emmi Brink­mann über­leb­te durch Zu­fall mit ih­ren Kin­dern den An­griff und so­wohl sie, als auch ihre Toch­ter konn­ten spä­ter von den schreck­li­chen Er­eig­nis­sen be­rich­ten. Die meis­ten Op­fer star­ben durch Er­sti­ckung, weil die Bom­ben­ex­plo­si­on ih­nen die Luft zum At­men ent­zog. Die Ver­letz­ten wur­den in das na­he­ge­le­ge­ne Rote-Kreuz-Kran­ken­haus ge­bracht.

Vom 18. Mai 1940 bis Ende April 1945 war Bre­men von 173 al­li­ier­ten Flug­an­grif­fen, ins­be­son­de­re von der bri­ti­schen RAF be­trof­fen. Ins­ge­samt sind da­bei 3.852 Bür­ger:in­nen ums Le­ben ge­kom­men. Zur Si­che­rung der Be­völ­ke­rung wur­den Tief- und Hoch­bun­ker ge­baut. Iro­ni­scher­wei­se lies man die­se meist von Zwangs­ar­bei­tern und Kriegs­ge­fan­ge­nen bau­en, die selbst aus ras­si­schen Grün­den kei­nen Zu­gang zu den Bun­kern ha­ben durf­ten.

Seit dem 13. Juni 1983 er­in­nert eine Ta­fel von Ak­ti­vist/​in­nen der Frie­dens­be­we­gung und des Bei­rats Neu­stadt an den An­griff auf den Bun­ker und er­in­nert an die Kon­se­quen­zen von Krieg und Ge­walt. Auf dem Hö­he­punkt der Frie­dens­be­we­gung ge­gen die Sta­tio­nie­rung von Atom­ra­ke­ten in un­se­rem Land soll­te sie als Mahn­mal für Frie­den und Ab­rüs­tung die­nen.

2003 wur­de der So­ckel ver­setzt, als der Park um­ge­stal­tet wur­de. Gar­ten­ar­bei­ter leg­ten zum glei­chen Zeit­punkt den ehe­ma­li­gen Bun­ker frei. Im In­ne­ren fand man noch ei­ni­ge Leich­na­men der Op­fer, die an­schlie­ßend auf dem Ri­ens­ber­ger Fried­hof in Schwach­hau­sen bei­ge­setzt wur­den. 2016 wur­de die Kunst­stoff­ta­fel be­schä­digt, wie das bei­lie­gen­de Bild zeigt. Dar­auf­hin wur­de be­schlos­sen, eine gänz­lich neue Ta­fel auf dem So­ckel zu mon­tie­ren. Die­se wur­de am 13.6.2017 ein­ge­weiht. Die Er­in­ne­rungs­ta­fel für den Erd­bun­ker wur­de auch in die Rei­he der „Denk-Orte“ in Bun­ten­tor und Hu­ckel­rie­de auf­ge­nom­men.

Wei­te­rer Text von Hel­ga E. Bo­ries-Sa­wa­la zu alliierten Bombenangriffen.

 

 

Veröffentlicht am und aktualisiert am 15. Januar 2023

Ein Hinweis zu “66 Tote durch eine Luftmine”

  1. hanna schmidt geb.veenekamp sagt:

    mei­ne mut­ter,tan­te und ich wa­ren in dem erd­bun­ker und ha­ben über­lebt.was ich da als kind schon ge­se­hen habe war grau­sam.eine fa­mi­lie aus un­se­rem haus hat es nicht über­lebt,alle wa­ren tot,wie so vie­le aus der nach­bar­schaft in der her­mann­stra­ße.

    1. Gisela Blasius sagt:

      Ich schrei­be jetzt end­lich über Fa­mi­lie Bla­si­us, die bei die­sem An­griff zum gro­ßen Teil aus­ge­löscht wur­de. Der Groß­va­ter mei­nes Man­nes war Bun­ker­wart und ist auch um­ge­kom­men. In mei­ner Fa­mi­li­en­chro­nik, die ich jetzt ver­fasst habe, kommt die­ses schreck­li­che Er­eig­nis auch vor. Im­mer wenn Pfings­ten war, wa­ren mei­ne Schwie­ger­el­tern im­mer trau­rig.

      Gi­se­la Bla­si­us – jetzt im Al­ter bei mei­nen Kin­dern, En­keln und Ur­en­keln in Mön­chen­glad­bach in­zwi­schen 88 Jah­re.

  2. hanna schmidt geb.veenekamp sagt:

    Habe mit mei­ner Mut­ter und Tan­te den Luft­mi­nen­an­griff im Bun­ker Herr­mann­stra­ße über­lebt, wir wohn­ten Herr­mann­stra­ße 39, eine Fa­mi­lie aus un­se­rem Haus wur­de ge­tö­tet. Ich bin in­zwi­schen 83 Jah­re, aber was ich dort ge­se­hen habe kann ich nie ver­ges­sen, es war grau­sam. So et­was darf nie wie­der ge­sche­hen.

  3. Eine Lis­te über Bun­ker aus Bre­men mit kur­zen Be­schrei­bun­gen und Bil­dern fin­det man hier:

    http://www.relikte.com/brm_ls_lsb/anmerkungen.htm

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