Alfred Ries: Werder-Präsident von den Nazis ausgebürgert

Ries_Trautmann
Ries_Werder
7. Januar 1933
Manteuffelstrasse 31, Bremen

Alfred Ries (05.12.1897 – 25.08.1967) wurde in der Straße Kaufmannsmühlenkamp 31 im Bremer Doventorviertel geboren. Seine Eltern sind jüdischen Glaubens. Schon 1912 tritt Sohn Ries als 15-Jähriger dem Verein Werder (FV Werder von 1899) bei. Einige Jahre später wird er während des Ersten Weltkrieges zum Militärdienst eingezogen und kommt in Syrien, Palästina und der Türkei zum Einsatz.
Beruflich ist Alfred Ries bei der Deutschen Tabakgesellschaft, später bei der Kaffee HAG beschäftigt. Dort ist Ries interessanterweise u.a. für die Öffentlichkeitsarbeit der von HAG-Direktor Ludwig Roselius gegründeten Böttcherstraße verantwortlich. Seine Geschäfte führen ihn häufig ins Ausland. Politisch engagiert er sich in der liberalen Deutschen Demokratischen Partei.
Mit 23 Jahren wird der noch junge Ries zum ehrenamtlichen Vereinspräsidenten von Werder gewählt. Dort fördert er mit Leidenschaft insbesondere die Fußballabteilung. Am 7. Januar 1933 wird Ries vom Norddeutschen Sportverband und von SV Werder Bremen „verabschiedet“, wohl auch auf Grund von Anfeindungen aus der nationalsozialistischen Presse. Kurz danach bekommt der SV Werder einen regimetreuen Vereinsführer. Das Weserstadion wird umbenannt in „Bremer Kampfbahn“. Ries selbst erhält innerhalb des HAG Konzerns zuerst eine Stelle in der ehem. Tschechoslowakei, dann in dem damaligen Königreich Jugoslawien. Nach der Besetzung Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht gerät er 1940 in Gefangenschaft, wird aber nach 6 Monaten freigelassen. 1941 wird Alfred Ries erneut für kurze Zeit verhaftet. In dieser Zeit wird er von der Gestapo ausgebürgert. Seine Eltern sind inzwischen von den Nazis aus Bremen deportiert und im KZ Theresienstadt ermordet worden.
Ende 1946 kehrt Ries zurück nach Bremen. Im Wiedergutmachungsverfahren wird Ries mit diskreditierenden Aussagen über eine angebliche Zusammenarbeit mit der Gestapo in Jugoslawien konfrontiert. Diese gingen u.a. auf Kommentare vom ehem. Bremischen „Judenreferenten“ Bruno Nette zurück. Inzwischen ist dieser Kollaborationsverdacht in einem 2022 erschienenes Buch (siehe unten) widerlegt. Dort wird von verschiedenen Autoren ausführlich über das Leben von Alfred Ries berichtet.
Am 7. Oktober 1947 wird Alfred Ries erneut zum Präsidenten des SV Werder Bremen gewählt. Auch im DFB übernimmt er wichtige Aufgaben. Diese Aufgaben legt er jedoch alle nieder, als er 1953 in den Auswärtigen Dienst der Bundesrepublik eintritt. 1959 wird er sogar Botschafter der Bundesrepublik in Liberia. Seine Motivation für den diplomatischen Dienst begründet Ries wie folgt: „Wer Versöhnung will, muss sie praktizieren.“
1963 tritt Ries in den Ruhestand, lässt sich jedoch gleichzeitig zum dritten Mal zum Präsidenten des SV Werder wählen. Am 25. August 1967 stirbt Alfred Ries und wird auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt beerdigt.

Quelle: Broschüre „Unvergessen Vergessen! Alfred Ries“, herausgegeben vom Fanprojekt Bremen e.V. (2017) und dessen Anti Diskriminierungs-AG
„Werder im Nationalsozialismus – Lebensgeschichten jüdischer Vereinsmitglieder“, 2022 erschienen im Verlag „Die Werkstatt“, Bielefeld (ISBN 978-3-7307-0557-4).

 

 

Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. November 2022

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