Am 5. Juli 1925 wurde von der Israelitischen Gemeinde Bremen in einer Villa in Gröpelingen ein eigenes Altersheim eingerichtet. Initiatoren waren Dr. Leopold Rosenak, der erste Rabbiner der Gemeinde, der Bremer Kaufmann Jacob Meyer sowie die Geschäftsinhaberin Auguste Michel. Letztere wurde nach kurzer Zeit Vorsitzende der Administration und übte diese Funktion bis zu ihrer Flucht im September 1941 aus. Danach übernahm Carl Katz, als Leiter der „Reichsvereinigung der Juden“ in Bremen, die Leitung des Hauses.
Im Heim waren bis 1935 durchschnittlich 18-20 Personen untergebracht. Noch 1935 wurde das benachbarte Grundstück Buxtehuder Straße 9 mit einer Stadtvilla hinzu erworben. Damit standen dem Altersheim 36 Zimmer zur Verfügung. Die Belegungszahlen stiegen ab 1938 kontinuierlich. Gründe waren die zunehmende Auswanderung, die Verschärfung der Mietgesetzgebung für jüdische Mieter und die „Arisierung“ jüdischen Hauseigentums. Von 1933 bis 1942 haben über 100 Heimbewohner*innen das Altersheim durchlaufen. 1941 lebten hier bereits 60 alte Menschen und acht mit im Haus wohnende Angestellte in drangvoller Enge. Im ersten Halbjahr 1942 stieg die Zahl auf über 75 Personen.
Die erste Deportation aus dem Altersheim erfolgte im Oktober 1938: die Sekretärin und stellvertretende Wirtschaftsleiterin Grete Rosenthal, die polnische Staatsbürgerin war, wurde im Rahmen der sog. Polenaktion nach Polen abgeschoben und vermutlich später im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.
In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wüteten Bremer SA-Leute im Jüdischen Altersheim: Inventar wurde zerschlagen, alte Menschen wurden misshandelt, beraubt und von SA-Leuten aus dem Haus getrieben. Die Heimbewohner wurden von der SA auf Lastwagen in die Mißler-Hallen in Findorff gebracht und dort vorübergehend interniert. Der SA-Scharführer Emil Steenhusen wurde dafür nach dem Kriege zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.
Während die Altersheimbewohner*innen am 18. November 1941 von der Deportation ins Ghetto Minsk aufgrund ihres Alters verschont blieben, traf dies nicht für vier jüngere jüdische Hausangestellte zu. Von ihnen überlebte keine die Deportation. Am 23. Juli 1942 wurde das Altersheim aufgelöst und die 66 verbliebenen Bewohner*innen mit vier Mitarbeiterinnen in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von ihnen sind 44 im Ghetto umgekommen und 25 weitere in andere Lager verschleppt worden. Anfang 1945 war von allen ehemaligen Bewohner*innen des Altersheimes nur noch die Leiterin Else Toeplitz am Leben. Sie konnte mit einem Transport des Internationalen Roten Kreuzes im Februar 1945 in die Schweiz ausreisen.
Nach der Auflösung des Jüdischen Altersheimes wurde in dem Haus das 18. Polizeirevier eingerichtet, während die Deschimag (Deutsche Schiffs-und Maschinenbaugesellschaft) das Haus in der Buxtehuder Straße anmietete. 1943 wurden beide Grundstücke endgültig beschlagnahmt und durch die Oberfinanzdirektion Weser-Ems verwaltet.
1946 erhielt die Israelitische Gemeinde auf Anweisung der amerikanischen Militärregierung beide Grundstücke mit den Häusern zurück. Nach der notdürftigen Instandsetzung zogen im Dezember 1946 erste Überlebende aus Theresienstadt, sowie vertriebene osteuropäische Juden ein. 1964 erwarb die Stadtgemeinde das Areal und richtete im Gebäude an der Gröpelinger Heerstraße abermals ein Polizeirevier ein.
Seit 1974 erinnerte eine Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Jüdischen Altersheims an das Schicksal seiner Bewohner und die Ereignisse in der Pogromnacht. 2015 wurde vor dem Gebäude eine Stele mit den Namen der deportierten Bewohner*innen errichtet.
Quelle: Christine Nitsche-Gleim, Das Jüdische Altersheim in Gröpelingen, in: Christoffersen, Peter/Johr, Barbara (Hrsg.): Stolpersteine in Bremen, Findorff/Walle/Gröpelingen, Bremen 2019
Veröffentlicht am 24. Juni 2010 und aktualisiert am 9. November 2024
Guten Tag,
Wir (Jan Charzinski und Ariane Litmeyer) befassen uns mit der Biographie von Friedrich Levy aus Jever. Seine Mutter Nanny Levy geb. Emanuel muss von 1940 von Jever aus ins Altersheim der jüdischen Gemeinde Bremen gekommen sein. 1942 kam sie dann von dort aus in das KZ Theresienstadt. 1943 wurde sie von dort aus zur nach Maly Trostenez deportiert. Gibt es Unterlagen oder Informationen über Nanny Levy, die man einsehen kann?
Mit besten Grüßen,
Ariane Litmeyer
Zufällig lese ich Ihre Anfrage. Haben Sie darauf eine Antwort erhalten? In jedem Fall würde ich beim Bremer Staatsarchiv anfragen. Dort kann man zumindest weitere Hinweise geben.
Freundliche Grüße
Regine Albrecht