Das Jüdische Altersheim in Gröpelingen

Altersheim Gröpelinger Heerstr.167 Staatsarchiv Bremen
Das Bild zeigt eine Gedenktafel an der Gröpelinger Heerstraße auf dem steht dieses haus war von 1932 bis 1942 ein jüdisches Altersheim.In der Reichskristallnacht vom 9 zum 10 November 1938 überfiel Bremer SA das Haus, mißhandelte die hier lebenden alten Menschen und trieb sie auf die Straße.Viele von ihnen endeten stäter, wie andere jüdische Mitbürger, in den Konzentrationslagern der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Sie sollen nicht vergessen sein.
Gedenktafel
Altersheim Gröpelingen Stele_Tafel
9. November 1938
Gröpelinger Heerstraße 167 (Ecke Morgenlandstraße), Bremen

Am 5. Juli 1925 wur­de von der Is­rae­li­ti­schen Ge­mein­de Bremen in ei­ner Vil­la in Grö­pe­lin­gen ein ei­ge­nes Al­ters­heim ein­ge­rich­tet. Initiatoren waren Dr. Leo­pold Ro­senak, der ers­te Rab­bi­ner der Ge­mein­de, der Bremer Kaufmann Ja­cob Mey­er sowie die Geschäftsinhaberin Au­gus­te Mi­chel. Letz­te­re wurde nach kurzer Zeit Vor­sit­zen­de der Ad­mi­nis­tra­ti­on und übte die­se Funk­ti­on bis zu ih­rer Flucht im Sep­tem­ber 1941 aus. Danach über­nahm Carl Katz, als Lei­ter der „Reichsvereinigung der Juden“ in Bre­men, die Lei­tung des Hau­ses.

Im Heim wa­ren bis 1935 durch­schnitt­lich 18-20 Per­so­nen un­ter­ge­bracht. Noch 1935 wurde das benachbarte Grund­stü­ck Bux­te­hu­der Straße 9 mit einer Stadtvilla hinzu erworben. Damit standen dem Altersheim 36 Zimmer zur Verfügung. Die Belegungszahlen stiegen ab 1938 kontinuierlich. Gründe waren die zunehmende Auswanderung, die Verschärfung der Mietgesetzgebung für jüdische Mieter und die „Arisierung“ jüdischen Hauseigentums. Von 1933 bis 1942 haben über 100 Heim­be­woh­ner*innen das Altersheim durchlaufen. 1941 lebten hier bereits 60 alte Menschen und acht mit im Haus wohnende Angestellte in drangvoller Enge. Im ersten Halbjahr 1942 stieg die Zahl auf über 75 Personen.

Die erste Deportation aus dem Altersheim erfolgte im Oktober 1938: die Sekretärin und stellvertretende Wirtschaftsleiterin Grete Rosenthal, die polnische Staatsbürgerin war, wurde im Rahmen der sog. Polenaktion nach Polen abgeschoben und vermutlich später im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.

In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. No­vem­ber 1938 wü­te­ten Bre­mer SA-Leu­te im Jü­di­schen Al­ters­heim: In­ven­tar wur­de zer­schla­gen, alte Men­schen wur­den miss­han­delt, be­raubt und von SA-Leu­ten aus dem Haus ge­trie­ben. Die Heim­be­woh­ner wur­den von der SA auf Last­wa­gen in die Miß­ler-Hallen in Fin­dorff ge­bracht und dort vorübergehend in­ter­niert. Der SA-Scharführer Emil Steenhusen wurde dafür nach dem Kriege zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

Wäh­rend die Altersheimbewohner*in­nen am 18. No­vem­ber 1941 von der De­por­ta­ti­on ins Ghet­to Minsk aufgrund ihres Alters ver­schont blie­ben, traf dies nicht für vier jün­ge­re jü­di­sche Hausangestellte zu. Von ihnen überlebte keine die Deportation. Am 23. Juli 1942 wur­de das Al­ters­heim auf­ge­löst und die 66 ver­blie­be­nen Be­woh­ner*in­nen mit vier Mitarbeiterinnen in das Ghetto The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Von ihnen sind 44 im Ghetto umgekommen und 25 weitere in andere Lager verschleppt worden. Anfang 1945 war von allen ehemaligen Bewohner*innen des Altersheimes nur noch die Leiterin Else Toeplitz am Leben. Sie konnte mit einem Transport des Internationalen Roten Kreuzes im Februar 1945 in die Schweiz ausreisen.

Nach der Auflösung des Jüdischen Altersheimes wur­de in dem Haus das 18. Po­li­zei­re­vier ein­ge­rich­tet, wäh­rend die De­schi­mag (Deutsche Schiffs-und Maschinenbaugesellschaft) das Haus in der Bux­te­hu­der Stra­ße an­mie­te­te. 1943 wurden beide Grundstücke endgültig  beschlagnahmt und durch die Oberfinanzdirektion Weser-Ems verwaltet.

1946 er­hielt die Is­rae­li­ti­sche Ge­mein­de auf Anweisung der amerikanischen Militärregierung bei­de Grund­stü­cke mit den Häu­sern zu­rück. Nach der notdürftigen Instandsetzung zogen im De­zem­ber 1946 ers­te Über­le­ben­de aus The­re­si­en­stadt, so­wie ver­trie­be­ne ost­eu­ro­päi­sche Ju­den ein. 1964 erwarb die Stadt­ge­mein­de das Are­al und rich­te­te im Ge­bäu­de an der Grö­pe­lin­ger Heerstra­ße aber­mals ein Po­li­zei­re­vier ein.

Seit 1974 erinnerte eine Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Jüdischen Altersheims an das Schicksal seiner Bewohner und die Ereignisse in der Pogromnacht. 2015 wurde vor dem Gebäude eine Stele mit den Namen der deportierten Bewohner*innen errichtet.

Quelle: Christine Nitsche-Gleim, Das Jüdische Altersheim in Gröpelingen, in: Christof­fer­sen, Pe­ter/​Johr, Bar­ba­ra (Hrsg.): Stol­per­stei­ne in Bre­men, Fin­dorff/​Wal­le/​Grö­pe­lin­gen, Bre­men 2019

 

Veröffentlicht am und aktualisiert am 9. November 2024

Ein Hinweis zu “Das Jüdische Altersheim in Gröpelingen”

  1. Ariane Litmeyer sagt:

    Guten Tag,
    Wir (Jan Charzinski und Ariane Litmeyer) befassen uns mit der Biographie von Friedrich Levy aus Jever. Seine Mutter Nanny Levy geb. Emanuel muss von 1940 von Jever aus ins Altersheim der jüdischen Gemeinde Bremen gekommen sein. 1942 kam sie dann von dort aus in das KZ Theresienstadt. 1943 wurde sie von dort aus zur nach Maly Trostenez deportiert. Gibt es Unterlagen oder Informationen über Nanny Levy, die man einsehen kann?

    Mit besten Grüßen,
    Ariane Litmeyer

    1. Albrecht sagt:

      Zufällig lese ich Ihre Anfrage. Haben Sie darauf eine Antwort erhalten? In jedem Fall würde ich beim Bremer Staatsarchiv anfragen. Dort kann man zumindest weitere Hinweise geben.
      Freundliche Grüße
      Regine Albrecht

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