An der Straße am Dammacker erinnert ein großer Findling an das Schicksal der Zwangsarbeiter/innen des ehemaligen Lagers. Dieser wurde aufgestellt von Nachbarn aus diesem Wohngebiet, die sich in der Geschichtsgruppe „AnwohnerInnen gegen das Vergessen“ engagieren.
Das Lager ‚Am Dammacker‘, manchmal auch ‚Lager Buntentor‘, ‚DAF-Lager Buntentorsteinweg‘ oder ‚Russenlager‘ genannt, existierte laut Aktenlage ab September 1941 [Eng92, S.68]. Es bestand ursprünglich aus sechs Wohnbaracken und 11 weiteren Baracken für Verwaltung, Wachmannschaften, Küchen- bzw. Waschbaracke. Die Lagergrenzen verliefen zwischen Deich und Buntentorsteinweg. Geplant war das Lager für 1.500 Menschen. Im Januar 1943 gab die Lagerverwaltung der DAF (Deutsche Arbeitsfront) eine Belegung mit 846 Personen an. Die meisten hier untergebrachten Personen standen im Arbeitseinsatz für den Senator für das Bauwesen und wurden zu Luftschutzarbeiten eingesetzt. Es waren Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter, meist aus Osteuropa. Unter ihnen befanden sich auch 148 „Arbeiter“ im Alter zwischen 12 und 21 Jahren, wie aus einer Akte des Bausenators hervorgeht. Gegen Kriegsende ist vermerkt, dass in diesem Lager 891 Menschen (711 „Ostarbeiter“ und 180 „Ostarbeiterinnen“) in 10 Wohnbaracken untergebracht waren. Zwischen dem Lager und der Hindenburg-Kaserne war eine Baubrigade in einem Kasernegebäude untergebracht, welches in Bild 1 (siehe Pdf. Anlage) ganz links oben zu sehen ist.
Ebenfalls in direkter Nachbarschaft zum Lager Am Dammacker befand sich in den Pferdeställen, der Reithalle und in Baracken der Hindenburg-Kaserne ein Außenlager des KZ Neuengamme, in dem ab August 1944 500 jüdische Ungarinnen und 300 jüdische Polinnen lebten. Auch sie wurden zur Trümmerbeseitigung eingesetzt. Das KZ-Lager wurde am 26. September 1944 bei einen Luftangriff zerstört. Die jüdischen Häftlinge überlebten nur, weil sie sich zu dieser Zeit im Arbeitseinsatz befanden.
In der Nachbarkaserne Cambrai wird wahrscheinlich ein weiteres Lager existiert haben, in dem am 15. Juni 1944 1.268 ukrainische Männer, Frauen und Kinder gelebt haben, von den viele einer Fleckfieberepidemie zum Opfer fielen. Dieses Lager an der Boßdorfstraße (gegenüber des Huckelrieder Parks) soll das größte Zwangsarbeiterlager links der Weser mit einer Kapazität von über 1.900 Plätzen gewesen sein. Wahrscheinlich ist es identisch mit dem Lager am Niedersachsendamm, welches sich auf der Höhe des heutigen ‚Hinterm Sielhof‘ befand. Genutzt wurde es, um Zwangsarbeiter unterzubringen, die bei privaten und kommunalen Arbeitgebern (Bremer Baufirmen, Focke-Wulf, Stadtwerke, Hafenbetriebsverein) im Arbeitseinsatz standen. Insgesamt 1.200 Menschen verschiedener Nationalitäten lebten hier auf engstem Raum. Auch dieses Lager unterstand der Verwaltung der DAF. Zudem befand sich auf der Werderhöhe ein weiteres Barackenlager des Amtes für Kanalisation und Abfuhrwesen, in dem 440 Arbeiter registriert waren. Der Bereich Huckelriede zeichnete sich also durch eine besonders hohe Dichte von Zwangsarbeiterlagern aus.
Britische und amerikanische Bomber-Angriffe wurden in den Jahren von 1942 bis 1944 überwiegend nachts durchgeführt. Deswegen musste in den deutschen Städten nachts das Licht gelöscht werden, um keinerlei Ziele zu erleuchten (Verdunklungspflicht). Die Städte waren stockdunkel und die Bomberpiloten konnten nicht viel am Boden erkennen. Um den Erfolg der Bombardements zu dokumentieren, flogen tags darauf bei klarer Sicht einzelne Jäger hoch über den Städten. Diese fotografierten dann mit hervorragenden Kameras Luftbildserien ähnlich wie Filme. Die Bilder wurden ausgewertet, um zu wissen, welche Ziele bei einem Bombenangriff zerstört wurden.
Solche Aufklärungsbilder dienen heute auch als Grundlage, um Lagerstandorte genau zu bestimmen. Dazu werden die Bilder mittels Skalierung und Projektionen mit aktuellen kartografischen Bebauungsplänen übereinandergelegt. Dadurch kann sehr exakt bestimmt werden, wo damals Baracken standen im Vergleich mit heute existierenden Gebäuden.
Die erste Aufnahme der Royal Air Force stammt vom Juni 1944 (Bild 1, IMSL-IR-66339, UK, siehe Anlage). Sie dokumentiert einen Zustand, in dem das Lager weitgehend intakt erscheint. Eine zweite Aufnahme der US Air Force datiert kurz vor Kriegsende vom März 1945 (Bild 2, aus dem Archiv des Kampfmittelräumdienstes des Polizei Bremen, siehe Anlage). Beiden Bildern ist in Grün der Bebauungsplan von 2014 überlagert. Im oberen Bildbereich ist in Grün der Werdersee angedeutet, den es damals noch nicht gab. Von den Baracken steht aktuell (2015) noch eine, allerdings nicht mehr an der originalen Stelle, sondern etwas versetzt. Das gut zu erkennende Zick-Zack-Muster im Hof der Hindenburg-Kaserne waren Splitterschutzgräben, die für die Gefangenen des KZ-Lagers als „Schutz“ vor Bombenangriffen eingerichtet waren. In Bild 2 (siehe Anlage) ist die Lagergrenze als etwas dunklere Linie zu erkennen mit rot eingezeichneten Eckpunkten. Die gelben Punkte gehören zur Cambrai-Kaserne, die blauen zum KZ-Außenlager Neuengamme.
Der Bebauungsplan und die Luftbilder lassen sich nicht zu 100 Prozent übereinander legen, aber die Abweichungen betragen schätzungsweise nur maximal 5 Meter. Manche auch heute noch an derselben Stelle stehenden Gebäude liegen exakt übereinander.
Neben dem Lager „Am Dammacker“ können die weiter oben aufgeführten Lager des „Amtes für Kanalisation“ und das „Sielhof-Lager“ anhand der Luftaufklärungsbilder identifiziert werden, siehe Bild 4 (siehe Anlage). Hier wird das gesamte, nicht gedrehte und nicht auf die horizontale projizierte Originalbild von Bild 2 (siehe Anlage) dargestellt.
Literatur
[Eng92] Susanne Engelbertz, Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 – 1945 Bd. 6 Bremen. Verlag für Akademische Schriften (1992), S.65 ff., insbesondere S.68
Historische Daten und Fakten zusammengestellt von der Geschichtsgruppe „AnwohnerInnen gegen das Vergessen“ finden sich in der beigefügten Anlage.
Darüber hinaus haben die beiden Bremer Kulturhistorikerinnen Kerstin True-Biletski und Petra Redert zur Thematik der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter einen Aufsatz unter dem Titel “Russenlager” and forced labour. Soviet prisoners of war in Bremen – “home” as a reference for historical memory. creating an exhibition on a voluntary basis: a case study” veröffentlicht. Dieser steht hier zum DOWNLOAD bereit.
Veröffentlicht am 21. Oktober 2015 und aktualisiert am 27. April 2021
Mój ojciec przebywał w obozie pracy w Bremen od stycznia 1944 do września 1945 roku Nr Ausweis 830 pracował w stoczni w Bremen. Kto może potwierdzić przebywanie w obozie?
Auf Deutsch: „Mein Vater war in einem Arbeitslager in Bremen von Januar 1944 bis September 1945[,] Ausweisnummer 830[,] er arbeitete auf der Werft in Bremen. Wer kann seinen Aufenthalt im Lager bestätigen?“ (von der Spurensuche Redaktion übersetzt)