Ludwig Baumann (13.12.1921 – 05.07.2018), geborener Hamburger, später wohnhaft in Bremen, war während des Zweiten Weltkrieges bei der Kriegsmarine in Bordeaux/Frankreich stationiert. Gemeinsam mit seinem Freund Kurt Oldenburg entschied sich der Matrosengefreite Baumann 1942 zur Fahnenflucht. An diesem Angriffskrieg wollten die beiden nicht teilnehmen. Freunde brachten im Frühjahr 1942 die Fahnenflüchtigen zur französischen Demarkationslinie. Dort wurden sie von einer Zollstreife erwischt. Obwohl sie sich zuvor aus der Waffenkammer Pistolen besorgt hatten, wagten sie es nicht, sich freizuschießen. Ludwig Baumann: „Wir konnten einfach keine Menschen töten!“ Beide wurden daraufhin am 30. Juni 1942 zum Tode durch Erschießen verurteilt. Erst nach zehn Monaten, vor dem Abtransport ins berüchtigte Moorlager Esterwegen, wurde Ludwig Baumann mitgeteilt, dass ihn der Oberbefehlshalber der Kriegsmarine bereits nach sieben Wochen zu zwölf Jahren Zuchthaus begnadigt hatte. Später kam er noch ins Wehrmachtsgefängnis nach Torgau. Zuletzt wurde er, wie auch Kurt Oldenburg, in die berüchtigte Strafdivision 500 versetzt, ein Himmelfahrtskommando, denn sie wurden als Kanonenfutter an die Front geschickt. Oldenburg kam ums Leben, Ludwig Baumann überlebte den Krieg. Später zog er mit seiner Familie nach Bremen.
Als Deserteur fand er in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland nur Ablehnung und Ausgrenzung. Dies änderte sich erst mit der Friedensbewegung in den 80er-Jahren. Ludwig Baumann engagierte sich für die Rehabilitation der NS-Justizopfer, insbesondere für die Deserteure. Er gründete im Oktober 1990 die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, dessen Vorsitzender und Ehrenvorsitzender er lange war.
Das Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Bremen-Vegesack ehrte Ludwig Baumann und die vielen anderen Deserteure mit einem Denkmal. 2014 erhielt Ludwig Baumann von den Mitgliedern des Projektes „Internationale Friedensschule Bremen“ im Bürgerhaus den Friedenspreis Franco-Paselli. Daneben wurde Ludwig’s Wirken zur Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz mit dem Aachener Friedenspreis und dem Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon in Bremen geehrt. Das Bundesverdienstkreuz lehnte er jedoch ab. Er wollte keine Auszeichnung, die auch Nazis erhalten hätten.
Mehr Infos zum Thema „Deserteure“ findet man bei der Bundesvereinigung.
Veröffentlicht am 13. Oktober 2010 und aktualisiert am 29. November 2022