Geraubte „Hollandgüter“ werden öffentlich versteigert

Beschlagnahmte Schrank im Finanzamt
21. Januar 1943
Herdentorsteinweg 30/31, Bremen-Mitte

Das Ernährungs- und Wirtschaftsamt in Bremen war 1943 untergebracht im Bahnhofshotel am Herdentorsteinweg. Amtsleiter war dort der Regierungsrat Walther Mayer. In seine Zuständigkeit fiel die Verwertung von „gebrauchtes Haushaltsgut“, das aus dem geraubten Besitz niederländischer Juden stammte. Nachdem diese in das Durchgangslager Westerbork verwiesen worden waren, von dem sie später in die osteuropäischen Vernichtungslager deportiert wurden, wurde sämtliches Inventar der leerstehenden Wohnungen von niederländischen und deutschen Mitarbeitern des für die sog. „Aktion M“ („M“ für Möbel) zuständigen „Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg“, entfernt. Mit zahlreichen Vorschriften, Erlassen und Verordnungen erhielten diese Raubzüge damit den Anschein einer Legalität.
Das Inventar wurde zwar in Listen festgehalten, aber Wertgegenstände, wie Kunststücke, Juwelen, Geld etc. wurden gesondert an die Behörde abgeliefert oder auch von einzelnen Mitarbeitern einfach unterschlagen.
In Lagerhallen wurde das Inventar sortiert und ggf. repariert, anschließend in Holzcontainern auf Frachtschiffen und Eisenbahnwagons nach Deutschland gebracht. Hieran beteiligt waren auch bremische Transportfirmen.

Einer der Bestimmungsorte war Bremen, wo das Ernährungs- und Wirtschaftsamt die Güter auf Auktionen in der ganzen Stadt veräußerte. Die erste Auktion fand am 21. Januar 1943 statt. Die Behörde beschäftigt zu diesem Zeitpunkt fast 600 Mitarbeiter:innen. Auktionsorte befanden sich u. a. Auf den Häfen 76,  in der Köhlhökerstraße 25, in einer Turnhalle, die sich Auf den Häfen 66 befand, im Kino Lüers Tivoli in Hemelingen, in der Fließenfabrik in Grohn, etc.

In der lokalen Presse wurde der Zeitpunkt dieser Auktionen öffentlich bekanntgegeben. Teilnahmeberechtigt waren u. a. Bürger:innen der Stadt, die nachweisen konnten, dass ihre Häuser oder Wohnungen und damit auch ihr Haushalt von alliierten Bombenangriffen zerstört worden waren. Später wurde diese Einschränkung aufgehoben. Diejenigen, die solche Gegenstände kauften, werden 1943 gewusst haben, dass es sich dabei um Raubgut aus den Niederlanden handelte, zumal sie als „Hollandgüter“ in der Presse angepriesen wurden. Außerdem waren z. B. bereits in der genannten Turnhalle Auf den Häfen 66, jüdisches Wohnungsinventar, Kleidung, etc. von bremischen Juden versteigert worden.

Quelle: „Im Schatten des totalen Krieges: Raubgut, Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit“ von Christina Hemken/Karl-Heinz Ziessow (Hg), herausgegeben vom Museumsdorf Cloppenburg (2018). Hier insbesondere die beiden Aufsätze von Christina Hemken und Margarete Rosenbohm-Plate.

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