Kurt Becher wurde am 12. September 1909 als Sohn eines Hamburger Kaufmanns geboren. Mit 22 wurde er Prokurist in der Getreidehandelsfirma Heins. 1934 trat er der Reiter-SS bei, 1937 der NSDAP.
Zu Kriegsbeginn wurde er Zugführer einer SS-Reiterschwadron, die berüchtigt war für ihre Exekutionen in Warschau. Seine Einheit wurde 1941/’42 zur Partisanenbekämpfung in den ukrainischen Pripjetsümpfen eingesetzt. In dieser Zeit ermordete seine Einheit 14.000 Juden.
Der Obersturmbannführer Kurt Andreas Ernst Becher wurde im SS-Hauptführungsamtes in Berlin zum außerordentlichen Vertrauensmann Himmlers. Ab März 1944 sollte Becher in Budapest jüdisches Material und Vermögen sicherzustellen. Becher geriet hierüber mehr und mehr in Konflikt mit Adolf Eichmann, der die vollständige Deportation der ungarischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau betreiben wollte. Becher’s Vorgesetzter, Himmler, aber brauchte jüdische Geiseln als Verhandlungsmasse für ein Separatabkommen mit den Westalliierten. Becher gelang es für die SS erhebliche Kapitalanlagen von jüdischen Geschäftsleuten zu erpressen.
Becher schaffte es im Sommer die treuhänderische Übernahme des Schwerindustriekonzerns von Manfred Weiss zu bekommen. Mit einem der Konzerndirektoren, Dr. Franz Chorin, verhandelte er über die Überlassung der Mehrheitsanteile an das SS-Hauptführungsamtes gegen 600.000 Dollar. Bis auf fünf Geiseln erhielten 45 Mitglieder der Familie Weiss als Gegenleistung freies Geleit in die Schweiz bzw. nach Portugal.
Becher gelang es im nächsten Schritt, gegen Schmuck im Wert von mehreren Millionen Schweizer Franken, für 1.684 Juden den Weg ins neutrale Ausland auszuhandeln. Sein Widersacher Eichmann forderte jedoch 10.000 LKWs und schickte die Geiseln ins Austauschlager Bergen-Belsen. Über ihre Freilassung in die Schweiz verhandelte Becher anschließend über den Konzerndirektor, Rudolf Kasztner, mit dem Vorsitzenden des Schweizer Israelitischen Gemeindebundes, Saly Mayer.
April 1945 entließ SS-Standartenführer Kurt Becher die Weiss-Direktoren Dr. Chorin, Jünker und Bauer, die Barone Kornfeld und Eugen Weiss, ebenso wie Dr. Rudolf Kasztner und Dr. Mosche Schwaiger, in die Freiheit, wahrscheinlich ein taktisches Manöver gegenüber den Alliierten.
Kurt Becher stellte sich Mai 1945 den Amerikanern. Er wurde aufgrund von 55 eidesstattlichen Erklärungen jüdischer Betroffener, in erster Linie von Rudolf Kasztners, mit der Urkunde VI/2959 entnazifiziert. Obwohl nach eigenen Angaben mittellos aus dem Krieg wieder gekehrt, gelang Becher einen schnellen wirtschaftlichen Aufstieg.
Mit seinem Getreidegroßhandel in Bremen erwirtschaftete er ein Millionenvermögen. 1978 wurde er Aufsichtsrat der Hapag-Lloyd und gern gesehener Gast im Rathaus bei der Bremer Eiswette. Seine Ernennung in den Hapag-Lloyd-Vorstand konnte verhindert werden. Des „Reichsführers gehorsamster Becher“ verstarb am 8. August 1995 in Bremen.
1966 wurde in der DDR der DEFA Film „Lebende Ware“ vom Regisseur Wolfgang Luderer produziert, der sich mit dem Leben Kurt A. Becher und den Ereignissen in Budapest befasst.
Veröffentlicht am 5. Juni 2010 und aktualisiert am 26. November 2024
Die Villa, sie stand zwischen Friedhof- und Emmastr., wurde um 2001 abgerissen.