Lager Heidkamp I und Heidkamp II

Blick auf die ehemaligen Baracken der Lager Heidkamp I und II, Aufnahme aus den 1950er Jahren, Copyright: Bildsammlung Heimatfreunde Neuenkirchen.
1. Januar 1943
Schwanewede

Im Jahr 1943 richtete die Organisation Todt (OT) westlich von Schwanewede die Lager Heidkamp I und II ein. Die dort untergebrachten Zwangsarbeiter*innen wurden beim Bau des Bunker „Valentin“ und anderen Bauprojekten in der Umgebung eingesetzt.

Die OT war eine paramilitärische Bauorganisation, die kriegswichtige Projekte, wie den „Westwall“ oder den „Atlantikwall“ umsetzte.[1] Dabei griff die OT vor allem auf die Arbeitskraft von Zivilist*innen aus den von Deutschland besetzten Gebieten zurück.

Neben der Anwerbung durch Kampagnen, wurden potentielle Arbeitskräfte auch von den Behörden  in den besetzten Gebieten (z.B. Arbeitsämter) unter Druck gesetzt. Als sich dennoch zu wenige Personen „freiwillig“ für die Arbeit in der OT und anderen deutschen Betrieben meldeten, wurden die Menschen mit Zwang rekrutiert; dieser reichte von eingeführten Pflichtarbeitsdiensten bis zur gewaltsamen Verschleppung. Im deutschen Reichsgebiet mussten etwa 8,4 Millionen solcher „ausländischen Zivilarbeiter“ – Frauen, Männer und Kinder – Zwangsarbeit leisten. Verantwortlich für den Arbeitseinsatzes war ab 1942 der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz Fritz Sauckel. Verantwortlich für die Unterbringung, Verpflegung und Bewachung vor Ort waren die Arbeitgeber, wie die OT.

Heidkamp I und II war ein Doppellager für bis zu 4.500 Personen. Es bestand aus 54 Betonbaracken. In den meisten waren Zwangsarbeiter*innen, sowohl Frauen als auch Männer, untergebracht. In anderen befanden sich zum Beispiel die Küche, Büros oder Waschräume.[2]

Sehr wahrscheinlich ist, dass die Menschen nach ihrer Herkunft in Ost- und Westarbeiter aufgeteilt und getrennt untergebracht wurden. Diese Aufteilung entsprach dem menschenverachtenden Konstrukt der NS-Rassenideologie und hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität der Unterbringung, Verpflegung, medizinische Versorgung, die Schwere der zu verrichtenden Arbeit oder Bewegungsfreiheiten. Als „Ostarbeiter“ wurden Arbeiter*innen aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion bezeichnet. Sie mussten ein Abzeichen mit den Buchstaben „OST“ tragen und wurden, ebenso wie Pol*innen, schlechter behandelt als Arbeiter*innen aus anderen Ländern.

In Heidkamp I und II waren Menschen aus der Sowjetunion, größtenteils aus dem Gebiet der heutigen Ukraine, aber auch Niederländer*innen, Belgier*innen, Dän*innen, Französ*innen, Rumänier*innen und Italiener*innen. Die Insassen des Lagers mussten auf der Baustelle des Bunker „Valentin“ und bei anderen Rüstungs- und Bauprojekten in der Umgebung arbeiten. Die ehemaligen Zwangsarbeiter Angelo Di Done und Riccardo Nardantonio berichteten von Gewalt und unzureichender Versorgung:

„Wir haben zusammen mit ca. 1.000 anderen Kameraden in dem Werk für den Bau von Schutzräumen in Bremen-Farge gearbeitet, ein Dorf, welches sich am Fluss der Weser befindet. Wir sind immer misshandelt worden, [bei] geringer Verpflegung, 12 Stunden am Tag arbeitend.“[3]

Angelo Di Done und Riccardo Nardantonio gehörten zu einer besonderen Gruppe im Lager, den italienischen Militärinternierten. Nach dem Sturz des Diktators Mussolini 1943 war Italien aus dem Bündnis mit dem nationalsozialistischen Deutschland ausgetreten. Infolgedessen nahm die deutsche Wehrmacht etwa 650.000 italienische Soldaten und Offiziere gefangen und verschleppte sie als  Zwangsarbeiter nach Deutschland oder in die besetzten Gebiete.

Einige der Betonbaracken der Lager Heidkamp I und II stehen heute noch und sind, genutzt als Lager- oder Wohngebäude, mit dem heutigen Stadtgebiet von Schwanewede verwachsen, weitgehend unsichtbar.

[1]     Der Westwall war ein ca. 630 km langes Verteidigungssystem, bestehend aus Bunkern, Stollen, Gräben  und Panzersperren, dass sich von der niederländischen bis zur schweizerischen Grenze zog. Der Atlantikwall bestand aus Bunkern und anderen Anlagen, die zum Schutz der Küstenlinie von Südfrankreich bis Norwegen erbaut werden sollten. Dieses Bauvorhaben wurde nur teilweise umgesetzt.

[2]     Vgl. Buggeln, Marc: Der U-Boot-Bunker „Valentin“. Marinerüstung, Zwangsarbeit und Erinnerung, Bremen 2016, S. 149.

[3]     Zitiert nach ebd., S. 150f..

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