Hinweis! Dieser Text enthält explizite Schilderungen von Gewalt.
Oskar Drees, geboren am 2. Mai 1889 in Burhave, war führender Funktionär des Arbeitersports nicht nur in Bremen, sondern in ganz Deutschland. In den Arbeiter-Turn- und Sportverein Buntentor trat er 1919 ein. Er galt als Streiter und Chefideologe des Arbeitersports. In der „Freie Sportwoche“, der Bremer Zeitung des Arbeitersports, publizierte und agitierte er regelmäßig. „Reißt sie heraus aus diesen Kreisen! Schickt eure Kinder und Jugendlichen in die Arbeiter-Turn-und Sportvereine! Hier sind sie bewahrt vor dem bürgerlichen Gift. – Hier leben sie sich hinein in proletarische Weltanschauung!“ Gemeint waren die bürgerlichen Vereine.
Drees hatte bis 1933 in verschiedenen Funktionen des Arbeitersports ehrenamtlich maßgeblich mitgewirkt. Jede Woche reiste er in die Bundesschule nach Leipzig, um Vorträge zu halten oder Schulungen zu leiten.
Beruflich war Oskar Drees seit 1911 Lehrer, 1914 bis 1918 unterbrochen vom Militärdienst im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg war er wieder als Lehrer in Habenhausen und Arsten tätig, wurde dann aber als Sozialdemokrat 1933 von den Faschisten entlassen.
Politisch war Oskar Drees in der SPD organisiert und in Bremen für diese Partei Bürgerschaftsabgeordneter von 1928 bis 1933. Dazu war er „General“ im „Reichsbanner“, die sich 1931 mit der „Eisernen Front“ zusammen schloss im Kampf gegen faschistische Gewalt.
Oskar Drees erging es wie vielen Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen. Er wurde 1933 in „Schutzhaft“ im KZ Mißler genommen. Zunächst wurden vor allem Mitglieder linker Organisationen (vor allem von KPD und SPD) Opfer der „Schutzhaft“, dann auch andere Personen, die sich mit ihren politischen und weltanschaulichen Überzeugungen gegen das Regime richteten. Es war keine gerichtliche Überprüfung vorgesehen. Den Gefangenen brauchten die Gründe für ihre Verhaftung nicht mitgeteilt werden. Sie waren rechtlos dem Regime ausgesetzt.
Oskar Drees wurde im KZ schwer misshandelt. In einem Auszug aus dem Befund des Hauptgesundheitsamtes an das Landesamt für Wiedergutmachung vom 12. Oktober 1950 steht zu den Spätfolgen seiner Misshandlungen: „Herr D. bemerkt zeitweise einen Nebel oder Flimmern vor den Augen sowie Stirnkopfschmerzen, besonders über dem li. Auge, die vorzugsweise nach längerem Lesen auftreten. Weiter bemerkt Herr D. ein periodenweise auftretendes Ziehen im rechten Arm von der Schulter bis zu den Fingerspitzen. Es fehlen ihm alle Zähne.“
In einem weiteren Bericht vom 31. Januar 1949 der Bremer Staatsanwaltschaft zum Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Wachmannschaft vom KZ Mißler heißt es: „Schon beim Besteigen des Transportwagens, der die Häftlinge nach Mißler bringen sollte, wurde mit dem Gummiknüppel auf die Häftlinge geschlagen, ebenso beim Verlassen des Wagens vor dem KZ Mißler.“
Diese Transporte fanden meistens abends in der Dunkelheit statt. Unter Fußtritten, Gewehrkolben- und Gummiknüppelhieben wurden die Häftlinge vom Wagen heruntergestoßen und durch ein von der Bewachungsmannschaft gebildetes Spalier auf den Hof des Mißler-Lagers getrieben, wo sie z. T. mehrere Stunden stehen mussten. Anschließend ging es nochmals wieder unter Hieben in den Tagesraum. Um 21.00 Uhr musste alles in den Betten liegen. Austreten des Nachts war strengstens verboten. Des Nachts fanden vielfach Vernehmungen im Keller statt. Zu diesem Zweck wurde das jeweilige Opfer aus dem Schlafraum gerufen und in den Keller gejagt. Nur mit einem Hemd bekleidet, mussten die Gefangenen in den Keller, wo man ihnen im Dunkeln eine Decke über den Kopf warf und sie dann anschließend grün und blau schlug.
Die Solidarität zwischen den „Schutzhäftlingen“ war gerade wegen der Repressalien trotz politischer Unterschiede groß. Als Alfred Faust und Oskar Drees bei einer nächtlichen Prügelvernehmung im Heizungskeller zusammengeschlagen wurden, organisierte Albert Oltmanns einen Hungerstreik mit seinen anderen KPD-Genossen.
Oskar Drees war im KZ Mißler vom 3. Juni 1933 bis 14. Juli 1933, wie er selbst schreibt, „aus weltanschaulich politischen Gründen“ inhaftiert. Er wurde nur mit Hilfe einflussreicher Freunden entlassen. Einer dieser Freunde war z. B. Franz Stapelfeldt, Werftdirektor der AG Weser. Nach Entlassung aus dem KZ durfte Drees nicht als Lehrer arbeiten und kam als Nachkalkulator bei der AG Weser unter.
Drees wurde im August 1944 zum zweiten Mal verhaftet und diesmal im KZ Farge inhaftiert. Im Rahmen der von den Faschisten genannten „Aktion Gitter“ (Auch als „Aktion Gewitter“ oder „Aktion Himmler“ bekannt) wurden von der Gestapo reichsweit alle ehemaligen noch „greifbaren“ oppositionellen Reichstags- und Landtagsabgeordneten (in Bremen Bürgerschaft) von den Nationalsozialisten präventiv festgenommen und verhört, darunter auch Oskar Drees. Seine Entlassung aus der „Schutzhaft“ erfolgte am 4. September 1944.
Nach dem zweiten Weltkrieg konnte Drees wieder als Lehrer wirken. Er wurde Schulleiter, 1950 Turnrat und 1952 Landesturnrat im Bildungsbereich. 1946 gründete er den Landessportbund, dessen Präsident er bis 1966 blieb. Außerdem war er Vizepräsident des Deutschen Sportbundes (heute DOSB). Drees baute in Bremen also sowohl die Sportorganisation und die Infrastruktur (z. B. Bau von Turnhallen) neu auf. Am 16. November 1966 erhielt Drees das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Oscar Drees verstarb am 28. Juni 1968, er wurde beigesetzt auf dem Friedhof Huckelriede.
Autor: Uli Marienfeld (ATS Buntentor)
Veröffentlicht am 29. Februar 2024