Walter Friedrichsen: von Oslebshausen nach Sachsenhausen

Strafanstalt Oslebshausen, um 1935
Strafanstalt Oslebshausen um 1935 (StAB_10.B-AL-1080_001_Bremen)
10. Juni 1932
Lesewisch 31, Bremen-Gröpelingen

Walter Willi Adolf Friedrichsen wurde am 24. Februar 1903 in Gronenburg, Kreis Lübeck, als Sohn von Wilhelm und Bertha Friedrichsen geboren. Wilhelm Friedrichsen starb 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg.
Walter Friedrichsen war evangelisch-lutherisch getauft. Er lernte den Beruf des Schiffszimmermanns.

Über sein Leben bis Anfang der 1930er Jahre ist wenig bekannt. Ab Mai 1929 lebte er  bei seiner Verlobten, Willa Moretti, (geb. 2. August 1891) in Oldenburg, in der Straße Lesewisch 31. Die Straße Lesewich gibt’s nicht mehr, ursprünglich lag sie auf dem jetzigen Gelände der Bremer Stahlwerke. Die Verlegung eines Stolpersteines für Friedrichsen ist aus diesem Grund nicht möglich.

1932 beteiligte sich der aktive KPD’er Friedrichsen, der auch Mitglied der Roten Hilfe war, an einem Sprengstoffattentat, bei dem der Polizeibeamte Gottfried Talle zu Tode kam und ein weiterer Polizist schwer verletzt wurde.
Zum Hintergrund des Attentats: Im Rahmen eines NSDAP Gautreffens fand am 10. Juni 1932 im Bremer Westen ein Werbeumzug der SA mit 600 Teilnehmern statt. Die KPD rief zu Gegendemonstrationen auf. Eine kleine Gruppe vom Kommunisten zu denen Walter Friedrichsen gehörte, hatte Sprengkörper hergestellt und Pistolen besorgt. Bei der Eisenbahnunterführung der Grambker Heerstraße wurden sie von Polizisten gestellt und untersucht, wobei eine der Bomben explodierte. Friedrichsen hatte Material zum Bau der Bomben besorgt und diese vor dem Attentat aufbewahrt.
Die KPD distanzierte sich von dem Vorfall, sprach von Einzeltätern und Provokateuren. Aus diesem Grund sah sich die Partei auch außerstande, der Gruppe juristischen Beistand zu stellen.

Friedrichsen wurde daraufhin im Dezember 1932 im Gefängnis Oslebshausen inhaftiert und im November 1932 vom Schwurgericht Bremen zu 6 Jahren, 6 Monaten und 3 Wochen Zuchthaus verurteilt. Die Strafe, die auch 5 Jahre „Ehrverlust“ beinhaltete, verbrachte Walter Friedrichsen in der Strafanstalt Oslebshausen.

Nach seiner Entlassung am 5. März 1939 lebte er wieder kurz bei Willa Moretti, bevor er am 1. September 1939 in „Schutzhaft“ genommen und unter der Häftlingsnummer 12169 im Konzentrationslager Sachsenhausen in Block 27 inhaftiert wurde.

Am 9. April 1945 erhielt Willa Moretti zum letzten Mal Post von Walter Friedrichsen aus der Haft. Danach verliert sich seine Spur. Ob er im Lager oder auf einem der Todesmärsche zu Tode kam, lässt sich nicht klären.

Willa Moretti zog am 8. November 1943 nach Freistatt bei Diepholz. Über ihr weiteres Leben ist nichts bekannt. Sie beantragte allerdings nach dem Krieg Entschädigung und berief sich darauf, dass die angestrebte Hochzeit mit Walter Friedrichsen nur aufgrund der Inhaftierung nicht mehr zustande kam. Diesem Argument folgten die Bremer Behörden jedoch nicht und versagten ihr jegliche Entschädigungszahlungen. Walter selbst hatte keine anderen Angehörigen, die eine Entschädigung hätten beantragen können.

Autor: Michael Berthold (2024, Initiative Stolpersteine Bremen)
Quellen: StA Bremen 4,54-E1105, Einwohnermeldekartei
Herbert Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Bd. III: Bremen in der Weimarer Republik (1918-1933), erw. und verb. Aufl. – 1995

Veröffentlicht am und aktualisiert am 7. Juni 2024

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